Prof. Dr. Angela Schwenk

    Was ist affine Geometrie?


    In der Mathematik gibt es neben der euklidischen Geometrie noch andere Geometrien, z. B. die affine Geometrie. Wie unterscheiden sich diese Geometrien und welche Prinzipien sind ihnen gemeinsam?
    Im folgenden werden geometrische Eigenschaften als Invarianten unter Transformationen erklärt:

    1. Euklidische Geometrie

    In der Geometrie beschreibt man geometrische Objekte durch geometrische Größen. Die euklidische Geometrie benutzt geometrische Größen und Eigenschaften wie Länge, Winkel, Flächeninhalt bzw. Volumen, Parallelität, Teilungsverhätlnis.

    Ein Quadrat z. B. wird bestimmt durch:

      Alle Seiten sind gleich lang, Seitenlänge = a
      Benachbarte Seiten bilden einen Winkel von 90 Grad.
    Die Eigenschaft ein bestimmtes Quadrat zu sein, ist unabhängig von der Lage des Objektes in der Ebene, d. h. eine Drehung und Verschiebung ändert das Quadrat nicht. Man sagt: Die Eigenschaften des Quadrates und jeder anderen ebenen Figur sind unabhängig von einer euklidischen Bewegung (Translation und Rotation).

    Einen zu einer Bewegung vergleichbaren Effekt erhält man, wenn man ein rechtwinkliges Koordinatensystem durch ein anderes, verschobenes und gedrehtes rechtwinkliges Koordinatensystem ersetzt: In jedem rechtwinkligen Koordinatensystem sind die Punkte P1=(0|0), P2=(1|0), P3=(1|1) und P4=(0|1) Eckpunkte des gleichen Quadrates.

    Andererseits sind die Punkte P1, ... P4 in einem nicht rechtwinkligen Koordinatensystem die Eckpunkte eines Parallelolgramms. Bei Benutzung eines beliebigen Koordinatensystems verändern sich die Größen wie Länge, Inhalt, und Winkel, unverändert bleiben Parallität und Teilungsverhältnisse. Damit sind bereits die wesentlichen Effekte der affinen Geometrie beschrieben.

    2. Affine Geometrie

    In der affinen Geometrie werden die Objekte durch geometrische Größen beschrieben, die beim Wechsel von beliebigen geradlinigen Koordinatensystemen erhalten bleiben. Einen Effekt, vergleichbar zum Wechsel der Koordinatensysteme, erhält man, wenn die geometrischen Objekte mit einer beliebigen regulären linearen Abbildung und einer Translation abgebildet werden. Die Hintereinanderausführung dieser beiden Abbildungen heißt reguläre affine Transformation. Affine geometrische Eigenschaften, die invariant unter regulären affinenen Transformationen sind, sind: Parallelität, Teilungsverhältnis.

    Mit Hilfe einer affinen Transformation können z. B. Quadrate in Parallelogramme und Kreise in Ellipsen abgebildet werden. Dh. zwischen Quadraten, Rechtecken und Parallelogrammen wird in der affinen Geometrie nicht unterschieden. Ebenso gehören in der affinen Geometrie Kreise und Ellipsen zur gleichen Klasse von Objekten.

    3. Äquiaffine Geometrie

    Einen Spezialfall der affinen Geometrie, die äquiaffine Geometrie, erhält man, wenn die Transformationen nur aus Translationen und linearen Abbildungen L mit Det(L)=1 betrachtet. Hier erhält man als zusätzliche geometrische Invariante den Inhalt der Figuren.

    Zusammenfassung:

    Geometrische Eigenschaften sind Invarianten unter Transformationen.
    Objekte, die mit den betrachteten Transformationen in einander überführt werden können, werden nicht unterschieden und bilden eine Objektklasse.


    Geometie: affine Geometrie äquiaffine Geometrie euklidische Geometrie
    Transformationen: Translationen, reguläre lineare Abbildungen Translationen, reguläre lineare Abbildungen mit Determinante 1 Translationen, Drehungen
    Beispiele von Objektklassen: {Quadrat, Rechteck, Parallelogramm},
    {Kreis, Ellipse}
    {flächengleiche Quadrate, Rechtecke, Parallelogramme},
    {flächengleiche Kreise, Ellipsen}
    {Quadrat}, {Rechteck}, {Parallelogramm},
    {Kreis}, {Ellipse}
    geometrische Größen Parallelität, Teilungsverhältnis Parallelität, Teilungsverhältnis, Flächeninhalt Parallelität, Teilungsverhältnis, Flächeninhalt, Länge, Winkel

    Man kann erkennen: je spezieller die Transformationen sind, desto kleiner werden die Objektklassen und desto mehr geometrische Größen gibt es.


    Letzte Änderung am: 09.08.00