Im letzten Abschnitt dieses Manuskripts soll noch auf ein physikalisches Netzwerk, und zwar auf das Ethernet (Äthernetz), etwas näher eingegangen werden, weil es eine ganz erstaunliche Entwicklung durchlaufen hat. Entstanden ist es in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts in einem Forschungslabor der Firma Xerox als lokales Netzwerk (LAN) mit einer Datenübertragungsrate von 3 Mbit/s. 1980 wurde es durch die Firmen DEC (Digital Equipment), Intel und Xerox standardisiert und als LAN mit einer Datenübertragungsrate von 10 Mbit/s vermarktet. Die firmenspezifische Norm wurde von den Normierungsstellen IEEE und ISO aufgegriffen, leicht modifiziert und unter der Bezeichnung IEEE 802.3 bzw. ISO 8802/3 als LAN-Standard veröffentlicht. Die zugehörige Technik ist robust und pflegeleicht und machte konkurrierenden Netzwerken wie beispielsweise dem von der IBM vertriebenen Token-Ring-Netzwerk das Leben schwer.
Im Laufe der Jahre hat das Ethernet in etwa alle zehn Jahre seine Datenübertragungsrate verzehnfacht. Bereits 1992 wurde unter der Bezeichnug Cheapernet eine Version vorgestellt, bei dem der Bus sehr preiswert als verdrilltes Kupferkabel (Twisted Pair Cable) realisiert wird und das 100 Mbit/s erreicht. War Ethernet bis etwa 1995 ausschließlich kabelgebunden, kam dann mit der Norm IEEE 802.11 (WLAN) eine kabellose Variante dazu. Mit Glasfasertechnik wurde bereits 1996 eine Übertragungsrate von 1 Gbit/s erreicht, die immer weiter gesteigert werden und 2017 mit einer Rate von 400 Gbit/s aufwarten konnte. Und die Entwicklung ist keineswegs abgeschlossen.
Ganz sicher ist Ethernet die am häufigsten verwendete Technik im Bereich der lokalen Netzwerke. Ursprünglich war die Netzausdehnung auf Räume und Gebäude beschränkt. Aber mit der Glasfasertechnik werden Reichweiten von bis zu 70 km erreicht. Eingesetzt wird das Netzwerk inzwischen in allen Bereichen der Industrie, der Verwaltung und des Geschäftslebens sowie im privaten Sektor.
Ethernet ist ein paketvermittelndes Netzwerk. Da die Paketbildung und das Zugriffsverfahren auf das Übertragungsmedium zusammen mit der Bitübertragung spezifiziert werden, wird das Netzwerk durch die unterste (die erste) Schicht des DoD- bzw. durch die beiden untersten Schichten (Nummer 2 und 1) des ISO/OSI-Kommunikationsmodells beschrieben. Die Nutzdaten werden als Datenpakete durch die darüberliegenden Protokolle, also im Internet durch TCP/IP, geliefert.
Das in der Norm IEEE 802.3 beschriebene Ethernet ist ein Bus-Netzwerk mit einer Übertragungsrate von 10 Mbit/s.
Verwendet wird eine analoge Signalübertragung. Der Bus wird an jedem Ende mit einem Abschlusswiderstand versehen, der eine Reflexion der Signale am Kabelende verhindert. Ein solches Busnetz bleibt von Rechnerausfällen unberührt. Fällt allerdings der Bus selbst aus, dann kann das Netz als solches nicht weiterarbeiten. Ein Datenpaket, das von einem der Rechner gesendet wird - egal an wen -, wird immer allen Rechnern des Netzwerks zugestellt. Dadurch ist Broadcast sehr einfach durch spezielle Empfängeradressen zu realisieren. Ist ein Datenpaket jedoch nur an einen der Rechner adressiert, dann müssen bei n Hosts am Bus n-2 von ihnen Sendungen bearbeiten und verwerfen, die gar nicht für sie bestimmt sind.
Die einzelnen Rechner am Netzwerk arbeiten unabhängig voneinander. Das heißt, dass die Chance für das Auftreten von Kollisionen proportional mit der Anzahl der Sender und der zu sendenden Datenmenge steigt. Oberhalb einer Auslastung von 50 % treten vermehrt sogenannte Congestions (Verstopfungen) auf, wobei regelrechte Staus entstehen und eine vernünftige Arbeit mit dem Netzwerk nicht mehr möglich ist. Um dieses Problem zu lösen, wurde die Bus-Topologie zugunsten einer Stern-Topologie aufgegeben. Als zentrales Element in dem Sternnetzwerk wird ein Switch (vgl. Abschnitt 6.1 (Rechnernetze)) eingesetzt, also ein Gerät, das Datenpakete zwischenspeichern, Adressen auslesen und die Pakete an den jeweiligen Adressaten (und nur an ihn) weiterleiten kann. Die Gerätetechnik ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass durch einen Vollduplex-Betrieb keine Kollisionen mehr auftreten können.
Das Zugriffsverfahren bei den kollisionsbehafteten Ethernetvarianten ist am einfachsten historisch zu verstehen. Ende der 60-er Jahre wurde an der Universität Hawaii ein Rechnernetz auf Funkbasis aufgebaut, weil ein Kabelnetz für die vielen Inseln zu aufwändig geworden wäre. Da gleichzeitiges Funken zu Störungen führt, musste ein Funkkoordinierungsverfahren (ein Zugriffsverfahren) eingesetzt werden. Das Koordinierungsverfahren wurde ALOHA genannt und mit der Bezeichnung CSMA/CD für das Ethernet übernommen. CSMA/CD steht für Carrier Sense, Multiple Access with Collision Detection, was im Deutschen etwa als Trägerprüfung und Mehrfachzugriff mit Kollisionserkennung bezeichnet werden kann. Das Verfahren arbeitet folgendermaßen:
Die Wartezeit bis zu einer Sendewiederholung wird deshalb zufällig gewählt, weil sonst die Bedingungen, die zu der Kollision geführt haben, gleich bleiben und damit das Auftreten einer erneuten Kollision wahrscheinlich ist.
Die Kollisionserkennung hat einen möglicherweise überraschenden Seiteneffekt: Sie führt zu einer Beziehung zwischen der maximal zulässigen Länge der Übertragungsstrecke, der Übertragunsrate und einer minimalen Paketgröße. Um diese Beziehung zu erkennen, betrachte man die Situation, dass der Rechner, der eine Kollision entdeckt hat und ein Störsignal sendet und der, der die Kollisionsmeldung während seines Sendevorgangs erhält, sich am jeweils entgegengesetzten Ende des Übertragungswegs befinden. Angenommen, es handle sich um ein Busnetz gemäß IEEE 802.3, dann legt diese Norm unter anderem fest,
Weiter angenommen, einer der beiden Rechner am jeweils entgegengesetzten Ende des Kabels beginnt damit, ein Datenpaket zu übertragen. Dann erreicht das erste Bit seiner Sendung den anderen Rechner nach t0 s. Genau zu diesem Zeitpunkt soll dieser ebenfalls mit einem Sendevorgang beginnen. Das ist möglich, weil dieser Rechner zuvor das Übertragungsmedium geprüft und als frei erkannt haben könnte. In einer solchen Situation entsteht sofort eine Kollision, die erkannt und als Störsignal gemeldet wird. Dieses Signal erreicht den ersten Rechner nach ebenfalls t0 s. Dieser muss immer noch senden, sonst kann er das Störsignal nicht auf seinen Sendevorgang beziehen. Das heißt, dass ein minimales Datenpaket so groß sein muss, dass der Weg zwischen den beiden Rechnern zweimal zurückgelegt werden kann, einmal von dem ersten Datenbit des ursprünglichen Datenpakets und einmal vom Störsignal. Die Übertragung eines minimalen Datenpakets beträgt damit 2*t0 s. Bezüglich der Datenübertragungsrate liefert ein Dreisatz:
Das heißt, dass t0 gleich der Hälfte von 51,2 µs, als gleich 25,6 µs entspricht. Mit Hilfe der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Signalen in Kupferkabeln, die etwa 77% der Lichtgeschwindigkeit erreicht, kann damit die maximal zulässige Kabellänge berechnet werden. 77% der Lichtgeschwindigkeit sind 0,77*0,3*106 km/s. Ein weiterer Dreisatz liefert:
Die maximal zulässige Kabellänge eines kollisionsbehafteten Ethernet beträgt demnach etwa 6 km. Durch Repeater kann diese maximale Länge nicht verändert werden, da diese Geräte (vgl. Abschnitt 6.1 (Rechnernetze)) Kollisionen mit übertragen. Erst durch Bridges und Switches wird diese Längenbeschränkung aufgehoben.
In einem Ethernet hat jede Netzwerkschnittstelle eine 48 Bits (6 Bytes) große Adresse, die als MAC-Adresse (Media Access Control Address) bezeichnet wird. Ursprünglich war sie global eindeutig, um sicherzustellen, dass alle Rechner in einem Ethernet unterschiedliche Adressen haben. Diese Adressen wurden von IEEE weltweit eindeutig vergeben. Hersteller wandten sich an IEEE und erhielten eine Teiladresse, und zwar die ersten drei Bytes der Ethernet-Adresse. Die restlichen drei Bytes konnten sie selbst vergeben. Seit vielen Jahren sind Ethernetadressen vom Kunden programmierbar, was mit einer gewissen Vorsicht zu benutzen ist.
Eine Ethernetadresse wird immer hexadezimal und in einer Strichschreibweise angegeben. So ist
eine Ethernet-Adresse. Die linken 3 Zahlen (08, 00, 14) identifizieren den Hersteller, die rechten 3 (F1, 05, 92) eine bestimmte Netzwerkkarte dieses Herstellers.
Das ursprünglich bei Xerox verwendete Paketformat ist im Lauf der Jahre nur geringfügig verändert worden. Es genügt hier, den durch IEEE 802.3 beschriebenen Paketrahmen kurz vorzustellen. Er besteht, wie die folgende Grafik zeigt, aus
Jeder Ethernetrahmen beginnt mit einer sogenannten Präambel. Das ist eine Bitfolge mit einer Länge von 8 Bytes, die dazu dient, dass sich der Empfänger eines Pakets mit dem Sender synchronisieren kann. Es handelt sich um eine 1-0-Folge, die mit 11 endet:
Minimal muss ein Ethernetpaket mit Präambel 72 Bytes umfassen, maximal kann es (ebenfalls mit Präambel) 1.526 Bytes groß werden. Die aktuelle Paketgröße wird nach den beiden Adressen (Ziel und Quelle) in einem 2 Bytes großen Feld geführt. 3 Bytes sind für die Belange der Logical Link Control /LLC) vorhanden und im sogenannte SNAP-Bereich wird der Hersteller zusammen mit einer Angabe zu dem übergeordneten Protokoll angegeben. Als Nutzdaten können minimal 38 und maximal 1.492 Bytes aufgenommen werden. Der Trailer enthält eine 4 Bytes große Prüfzahl, auf deren Berechnung hier aus Platzgründen nicht eingegangen werden soll.